Ja, jetzt hab ich ihn auch, meinen persönlichen Ecard-Ärger.
Was war ich froh, als ich gehört habe, es gibt keine Krankenscheine mehr. Kein irgend jemand anderen mehr belästigen, weil frau einen Krankenschein braucht, keine lästigen Fragen wie "Was hast denn schon wieder?!" ....
Stattdessen ist alles, was man benötigt, eine handliche kleine Karte, die man bequem in der Brieftasche unterbringen kann, und die nicht zernudelt, zerknittert und zerrissen aus den Tiefen einer Handtasche auftaucht. Wo man sich nicht mehr gedanklich in den Hintern tritt, weil heute Nachmittag der Arzttermin ist, und der Krankenschein leider immer noch in der Firma liegt.
Aber manches Mal ist eben alles anders. Wenn frau nämlich nicht die eigene Card braucht, sondern die des Sohnes. Als gewissenhafte Mutter in der Früh danach fragt und keine andere Auskunft bekommt als ein Schulterzucken und ein "Aber die hab ich doch dir gegeben!"
Wenn frau nach einer leider erfolglosen Suchaktion zu spät ins Büro kommt und hofft, dass man auf der Krankenkasse noch so was Altmodisches wie einen Facharztschein bekommt. Und wenn frau sich überlegt, wie kompliziert es sein kann, eine neue zu bekommen.
Schließlich ist sie doch noch aufgetaucht, dank der geduldigen Suche des anderen Elternteiles.
Und einen Nachteil hat das Ding ganz bestimmt: Weil es aus Plastik ist und auch noch einen Magnetstreifen hat, darf ich sie weder an die Wand noch meinem Sohn aufs Hirn nageln ...
Blue Lady
Blue Lady - 17. Nov, 10:39

Stell dir vor, du hast einen Chef, der Ordnungsfanatiker ist...
Der Mitarbeiter per Email und auch persönlich anmotzt, weil nicht alle alles sofort an den richtigen Platz legen ...
Wobei sich noch niemand die Mühe gemacht hat, zu definieren, was denn der richtige Platz ist, ob virtuell oder real, für Dateien, Dokumente oder Material ist ...
Einen Workaholic, der auch an Feiertagen und Wochenenden im Büro herumkrebst ...
Wo du nie sicher sein kannst, wenn du am Montag ins Büro kommst, ob die Sachen noch dort liegen, wo du sie hingetan hast ...
Und dann ist dieser Chef auch noch öfter unterwegs, manches Mal sogar eine ganze Woche lang. Du benützt diese Zeit, hinter ihm herzuräumen, jene infrastrukturelle Arbeit zu machen, für die absolut keine Zeit bleibt, wenn er da ist. Gräbst dich durch Berge von Papier auf seinem Tisch, um Dinge zu finden, die er ganz dringend braucht - was haben die Leute eigentlich früher gemacht, als es noch keine Scanner gab?!
Gräbst dich durch reale und virtuelle Laufwerke auf der Suche nach Dateien, von denen keiner mehr weiß, wo er sie hingespeichert haben könnte ...
Stell dir vor, in dieser Firma lagern Ersatzteile und Geräte, die alle zusammen sehr, sehr viel Geld kosten, teilweise noch nicht mal der Firma, sondern Kunden gehören... Irgendwie verstehst du schon, warum eine gewisse Sorgfalt wirklich nötig ist, schließlich geht es um viel Geld.
Und dann fragt dich ein Mitarbeiter, der schon seit einiger Zeit im ganzen Büroraum herumläuft, mit leiser Verzweiflung in der Stimme, wo denn in aller Götter Namen dieser Chef wohl ganz spezielle Batterien hingetan haben könnte, die dringend gebraucht werden.
Du suchst erst einmal an den logischen Plätzen: auf seinem Schreibtisch, in seinen Laden, im Lagerraum, in den Werkzeugkisten und -koffern.... nichts zu finden.
Die Verzweiflung breitet sich etwas weiter aus ...
Und wie als ob er dich gehört hätte, klingelt dein Telefon und der Chef ist dran.
Du fasst dir ein Herz und fragst nach den Batterien.
Und erhältst präzise, klare Anweisungen zu ihrem Lagerplatz: In dem Kasten hinter meinem Schreibtisch, im linken, in dem Fach, wo auch mein Essen verstaut ist, ganz rechts, eingehüllt in Plastikfolie ...
Du öffnest dieses Fach und sieh da - zwischen Sardinendosen und Tortellini liegen diese wertvollen Spezialbatterien ...
Wenigstens musste er selbst ziemlich lachen, als er mir erklärte, wo die Batterien sind ...
Und wieder bin ich der Erkenntnis, warum die Welt so ist, wie sie ist, ein Stückchen näher gekommen ...
Blue Lady (aus einem Berg Papiere auftauchend)
Blue Lady - 15. Nov, 12:25

Erdbeben, Flutwellen, Hurricanes, Erdbeben ... unsere Mutter Erde ist im Augenblick alles andere als gütig, beschützend und sicher.
Und genügend Menschen fragen sich, ob das nicht zum Teil unsere eigene Schuld ist, wie weit wir für den Klimawandel verantwortlich zu machen sind.
Ich denke doch, dass die Menschen mit ihrer unbesonnenen, rücksichtslosen Art vieles verändert haben, das sich jetzt nicht mehr rückgängig machen läßt. Der Klimawandel geht ganz bestimmt zum Teil auf unsere Kappe.
Aber dafür, dass die Kontinentalplatten ruckeln, sind wir nicht verantwortlich! Da bin ich mir ziemlich sicher. Verantwortlich sind wir nur dafür, wie wir mit solchen Katastrophen umgehen. Und das gefällt mir nicht.
Am 9/11 ging ein Aufschrei um die Welt - zu Recht. Als Katrina New Orleans ersäuft hat, ebenso, auch zu Recht. In beiden Fällen waren Menschen verantwortlich, im ersten Fall direkt, im zweiten dafür, dass die Katastrophe so ausarten konnte.
Aber als Rita Mittelamerika verwüstet hat, ging das fast unter in den Nachrichten, mehr als ein paar kurze Meldungen war es nicht wert - keine Media-Coverage, wen interessieren schon die Blossfüßigen....
Als der Weihnachts-Tsunami die Urlauberparadiese zerstört hat, waren die Nachrichten voll davon.
Jetzt sind, fast in der gleichen Gegend, nur eben ohne Touristenbeteiligung, 40.000 oder mehr Menschen tot, Kinder, Eltern, Verwandte, Freunde - unvorstellbares Leid und Elend trifft die Überlebenden - Horrormeldungen zum Frühstück. Aber wo bleiben die (Achtung Ironie!) "spontane Solidarität", die Hilfsbekundungen??? Dass noch niemand reagiert hat, liegt es daran, dass gestern Sonntag war und Wahl im Burgenland???
Oder interessiert es in Wahrheit niemanden? Moslems, Hindus, Unruhestifter, Turbanträger, Terroristenunterstützer, Atombombenhaber ... Wo liegt eigentlich Kashmir, gibt's dort noch was Anderes außer Pullover???
Mitmenschen, Mitgeschöpfe, genauso viele Gute und Schlechte wie hier, nehme ich mal an. Menschen, die sowieso nichts haben im Vergleich mit uns, die jetzt das Wenige auch noch verloren haben, aber offensichtlich durch eine Naturgewalt - da fällt es leicht zu sagen, das ist nicht unsere Schuld, dafür können wir nichts, also brauchen wir uns darum auch nicht zu kümmern.
Doch die Weltenseele zittert und weint und hat kaum noch Luft zum Atmen ... Es trifft uns alle, es ist ganz egal, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht.
Blue Lady
Blue Lady - 10. Okt, 09:28

Wenn sich in die Trauer immer mehr Wut mischt, dann weißt du, der Amtsschimmel hat wieder einmal gewiehert ...
Ist das ein so unmöglicher Wunsch, dass eine Mutter ihr Kind begraben möchte, so schnell es geht? Dass ein schwerkranker Grossvater nur noch darauf wartet, am Begräbnis teilnehmen zu können?
Aber nein, da gibt es Vorschriften, Regeln, Paragraphen ... und Unmenschlichkeit.
Sind jene, die sich beruflich mit dem Tod beschäftigen, schon so abgestumpft, dass das Leid der (Über)Lebenden sie nicht mehr interessiert??
Können oder wollen die nicht begreifen, dass ein Loslassen, ein Über-Winden, ein in Stille Trauern erst dann möglich ist, wenn sich die Erde über einem geliebten Toten geschlossen hat?
Aber da passieren Fehler, gehen Berichte nicht weiter, wühlen übereifrige Beamte in deinem Schmerz, bis du beginnst, sie zu hassen, bis du nur mehr den Wunsch verspürst, den Telefonhörer aus der Hand zu legen, dort hin zu fahren und ihnen diese Gleichgültigkeit herauszuprügeln ...
Dieser Schwebezustand raubt jedem die letzte Kraft, die noch verblieben ist.
Und es ist so verdammt österreichisch, was hier läuft.
*fast resigniert*
Blue Lady
Blue Lady - 21. Sep, 11:20

Was ist das, Trost?
Wie willst du jemanden trösten, die ihren Sohn verloren hat?
Indem du deinen Chef anhaust, dir einen Tag freizugeben, damit du mit ihr / für sie diese ganzen grässlichen Behördenrennereien erledigen kannst?
Indem du hilfst, Zimmerpflanzen aus der Wohnung des Toten zu holen, bevor die auch noch sterben?
Indem du sie einfach wortlos in den Arm nimmst und festhältst, versuchst, ihr Wärme zu geben, wenn sie vor Kälte zittert?
Es ist so eine schwankende Grenze zwischen Hilfe und Mitleid, zwischen jemanden unterstützen wollen und über ihn drüberrennen...
Trauern ist wichtig, Trauern ist gut, Tränen reinigen die Seele. Aber wie zündet man ein Licht wieder an, das das Schicksal ausgeblasen hat?
Blue Lady
Blue Lady - 15. Sep, 10:01